Vor einem Jahr wussten wir zwar, dass da in China eine Gefahr heraufzieht, wir gingen aber noch in die Schule, in die Kneipe, auf Reisen, uns schwante kein Unglück. Inzwischen aber sind viele von uns schon krank gewesen. Zehntausende sind gestorben, zahllose in größte existentielle Not geraten. Irgendwann versprechen wir uns, dürfen wir wieder zurück in unser altes Leben, aber wie lange der Weg dahin noch ist, wissen wir nicht. Trotz dieser widriger Umstände bewahren wir den Lebensmut, reagieren auf Krisen mit Zuversicht. Forscher nennen diesen Wesenszug „Resilienz“.
Resilienz ist also eine besondere Kraft der Psyche, Belastungen auszuhalten.
Ein resilienter Mensch lässt sich nicht von Schicksalsschlägen aus der Bahn werfen, sondern kommt rasch wieder auf die Beine und bewältigt sein Leben wie zuvor.
Das Vertrauen in sich selbst spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Resiliente Menschen wissen, dass sie dank ihrer inneren Stärke einen Weg aus der Krise finden können. Sie suchen die Fehler weniger bei anderen, sondern schauen, welchen Anteil sie an der aktuellen Situation haben und wie sie sie lösen können. Anstatt „ich kann nicht“ sagen resiliente Menschen „ich versuche es“. Damit verlassen sie die Opferrolle und übernehmen Verantwortung für das eigene Leben. Denn solange man in der Opferrolle verharrt, macht man sich klein und die Probleme bleiben groß. Auch eine optimistische Grundhaltung trägt zu einer Erhöhung der Resilienz bei. Optimisten lenken Ihre Aufmerksamkeit auf die Zukunft, anstatt auf die Vergangenheit und verwenden ihre Energie dazu, Lösungen zu finden. Ob man etwas als Problem oder als Chance wahrnimmt, ist lediglich das Ergebnis der eigenen Denkweise. Wer über Probleme nur grübelt und sich immer wieder fragt „Warum musste mir das passieren?“, denkt nur rückwärtsgerichtet und wird schwerlich eine Antwort finden. Wer seine Probleme lösen will, sollte sein Denken, Reden und Handeln stets nach vorne, auf mögliche Lösungen ausrichten.
Außerdem wissen resiliente Menschen, dass sie ihr Leben selbst gestalten können. Sie planen ihre Zukunft, setzen sich für ihre Wünsche und Pläne ein in dem festen Glauben, das eigene Leben meistern zu können. Ein positiver Blick auf die Welt macht innerlich stark. Eine weitere wichtige Fähigkeit ist die Akzeptanz. Resiliente Menschen akzeptieren Veränderungen, statt dagegen anzukämpfen. Sie wissen, dass zu jeder Krise auch unangenehme Gefühle wie Ärger, Wut oder Trauer gehören. Sie akzeptieren das Unvermeidbare und schaffen es scheinbar, ihm noch einen Sinn zu geben. Wir alle kennen Menschen, die im Nachhinein sagen, die Krise hätte ihnen einen neuen Weg aufgezeigt. Resilientes Verhalten zeigt ein Mensch nicht trotz extremer Erfahrungen, sondern wegen dieser. Auch wenn wir es im Moment der akuten Krise nicht erkennen, manchmal hilft sie zu erkennen, was uns wirklich wichtig im Leben ist. In Krisenzeiten hilft auch ein gut funktionierendes soziales Netzwerk. Starker Rückhalt in der Familie und gute Freunde helfen eine resiliente Persönlichkeit zu entwickeln. Dabei reicht alleine schon die Aussicht, dass das soziale Umfeld Hilfe leisten kann um die Widerstandsfähigkeit zu stärken. Menschen mit einem starken Netzwerk wissen, egal was passiert, es gibt immer Freunde die zu ihnen stehen.
Resilienzfaktoren und wie du sie stärken kannst
Das Immunsystem unserer Seele – das ist also Resilienz. Warum gelingt dies nicht allen Menschen gleichermaßen gut? Das Phänomen, wieso manche Menschen ein glückliches und zufriedenes Leben führen, obwohl sie Schicksalsschläge, Katastrophen oder Krankheit verkraften mussten, liegt nicht nur in den Genen sondern kann jeder lernen – in jeder Lebenslage.
Das Fundament bildet vor allem verlässliche Bezugspersonen und die Erkenntnis, dass das Leben durch das eigene Handeln verändert werden kann. Dass man also über Kontrollmöglichkeiten verfügt und dem Leben nicht hilflos ausgeliefert ist. Resilienzfördernd ist zudem, wenn ein realistisches Selbstbild und ein guter Umgang mit den eigenen Gefühlen vermittelt wird. Wenn z.B. auch unangenehme Gefühle da sein dürfen und verarbeitet werden können.
Die Grundlagen dafür werden schon in der frühen Kindheit gelegt. Wer als Kind Wertschätzung und Ermutigung erfahren hat, ist als Erwachsener psychisch widerstandsfähiger. Diese Widerstandskraft ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt. Verantwortlich dafür sind die unterschiedlichen Resilienz-Faktoren wie Selbstvertrauen, Optimismus, Akzeptanz und ein gutes soziales Netzwerk. Womit hier aber nicht die Likes auf Facebook und Co. gemeint sind, sondern ein stabiles Umfeld, auf das man im Notfall zurückgreifen kann.
Selbst wenn man mit einer optimistischen Lebenseinstellung auf die Welt gekommen ist, kann man seine Widerstandskraft auch im Erwachsenenalter noch trainieren. Ähnlich wie wir unser körpereigenes Immunsystem stärken können, so können wir auch die einzelnen
Faktoren der Resilienz bewusst kräftigen.
Du kannst dir das wie eine Art Resilienz-Muskel vorstellen, den du aufbauen, aber auch konstant trainieren musst, damit er stark bleibt.
Die 7 Säulen der Resilienz
1. Akzeptanz = Krisen als Teil des Lebens sehen und annehmen
… bedeutet, Situationen, die nicht zu ändern sind, anzunehmen und die Vergangenheit vergangen sein lassen.
Tipp: Trainiere dich in Achtsamkeit. Das bedeutet, Krisen und die damit verbundenen Gefühle und Gedanken erst mal annehmen. Wer den Sturm akzeptiert, statt gegen ihn anzukämpfen, spart Energie fürs Hindurchkommen.
2. Optimismus = positives Denken
… ist die Fähigkeit, Hoffnungsfroh und positiv in die Zukunft zu blicken und an einen guten Verlauf der Dinge zu glauben.
Optimisten wissen, dass sie die Kraft haben, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen und dass Schwierigkeiten und Krisen vorübergehend sind.
3. Selbstwirksamkeitsüberzeugung = Überzeugung, Krisen aus eigener Kraft bewältigen und lösen zu können
… bedeutet, die Passivität aufzugeben und aktiv in der jeweiligen Situation zu werden. Dafür ist es manchmal notwendig, die eigene Einstellung zu verändern, die eigene Person zu reflektieren sowie handlungsorientiert zu werden.
Denn Erfolg hat 3 Buchstaben: T U N (Johann Wolfgang von Goethe)
4. Verantwortung übernehmen = Verantwortung für das eigene Handeln tragen und sein Leben selbstbestimmt gestalten
. . . heißt Initiative zu zeigen und sich aktiv für die Erreichung der eigenen Ziele einsetzten.
Es geht darum, sich nicht vor Verantwortung drücken, sondern genau so viel übernehmen, wie einem zukommt. Nicht weniger – aber auch nicht mehr!
Tipp: Mit Lesen dieser Tipps übernimmst du schon Verantwortung für dein Leben. Das bedeutet nämlich auch, gute Voraussetzungen für die eigene seelische und körperliche Gesundheit zu schaffen.
5. Bindung = Soziale Beziehungen aufbauen und Unterstützung annehmen
. . . bedeutet die Fähigkeit, ein Netzwerk, also ein System von menschlichen Beziehungen zu knüpfen und zu nutzen.
Bereits die Existenz eines Netzwerks gibt ein Gefühl der inneren Stärke und es erweist sich insbesondere in schwierigen Zeiten als sehr unterstützend und wertvoll.
Tipp: Mach es dir leichter und bitte Freunde um Hilfe. Oft kann es auch hilfreich sein, sich in Krisen anderen anzuvertrauen und zu spüren, dass mann nicht alleine ist.
6. Lösungsorientierung = Fokus auf Chancen und Lösungen eines Problems
. . . bedeutet, nachdem man die Situation angenommen und hinter sich gelassen hat, nach vorne zu schauen und nach Lösungen zu suchen. Lösungsorientierung bedeutet, klare Ziele zu formulieren und Wege der Realisierung zu finden.
Tipp: Mach dir Probleme bewusst und dann konzentriere dich darauf, was du verändern kannst. Geh deine Krisen aktiv und so konkret wie möglich an. Mach dir z.B. einen Plan, welche Lösungswege gibt es und entscheide dich zunächst für den, der einfach und trotzdem vielversprechend ist. Probiere auch mehrere Lösungen aus.
7. Zukunftsorientierung = Planung und Verwirklichung der eigenen Ziele
. . . bezeichnet die Umsicht, sich auf die Zukunft aktiv und bewusst vorzubereiten.
Resiliente Menschen entwickeln Visionen und dann Ziele, wie sie künftig leben und arbeiten wollen. Wichtig für die Planung ist die Wahl eines geeigneten Ziels, das erreichbar und spezifisch sowie mit der Persönlichkeit vereinbar ist.
Tipp: Achte bei der Formulierung deiner Ziele darauf, dass sie so genau und korrekt wie möglich, überprüfbar, realistisch und zeitlich festgelegt sind. Also spezifisch – messbar – realistisch – terminiert. (SMART) Das alles macht es wahrscheinlicher, dass du diese Ziele auch erreichst.
Alle sieben Faktoren sind für eine ausgeprägte seelische Widerstandskraft von gleich großer Bedeutung. Nur wenn alle gleichermaßen trainiert und in den aktiven Lernprozess des Umdenkens eingebunden werden, ist Resilienz mehr als Anpassung an widrige Umstände. Sieht man in einer Krise also bewusst eine Chance, um als Mensch daran zu wachsen, ist das nicht länger nur eine Floskel, sondern eine gesunde Überlebengsstrategie.